Ich bekomme oft die Frage gestellt, welche Kamera man sich denn kaufen soll. Es gäbe ja so unendlich viele. „Nehme ich jetzt die schwarze Canon oder doch die rote Nikon? 24 Megapixel sollten es schon sein, oder?“
Es ist wirklich interessant, wie sehr doch die Werbung unsere Bewertung für Dinge beeinflusst. Die These, dass mehr Megapixel = mehr Leistung = bessere Bilder bedeutet, hat sich bis heute in die Köpfe der Konsumente eingebrannt. Schließlich sind auch alle Prospekte der Technikdiscounter genau darauf ausgelegt. Befragt man dann noch die Verkäufer nach dem für sich richtigen Produkt, wird weiter in die Kerbe geschlagen. „Mit 24 Megapixeln haben Sie doch viel mehr Möglichkeiten! Die Kamera im Angebot ist okay. Aber Sie wollen doch sicher alle Möglichkeiten nutzen, die heute möglich sind. Und da muss es dann doch das Neueste Modell sein.“ Diese Aussagen sind nicht erfunden sondern von mir selbst erlebt. Wenn man sich nicht sofort als Fotograf bei dem Verkäufer outet, kann man spannende aber auch erschreckende Geschichten erleben.
Der gesunde Menschenverstand muss uns klar machen, dass die Technikmärkte, die eh meist rote Zahlen schreiben, wenig an den eigentlichen Interessen des Kunden interessiert sind. Also versucht man, bei dem schier unbegrenzten Angebot an digitalen Kameras ein Bewertungs- und Vergleichssystem aufzubauen. Die üblichen „Verdächtigen“ sind hierbei: Megapixel, Displaygröße, Akkulaufzeit usw.
Ich möchte heute einfach mal auf die wesentliche Eigenschaften einer Kamera eingehen. Grundsätzlich soll das gute Stück „gute“ Bilder machen. Nehmen wir dabei mal den Grundsatz außer Acht, dass ja der Fotograf das „gute“ Bild macht und nicht die Kamera.
Die digitalen Kameras von heute sind so ausgereift, dass es keine wirklich schlechte Bildqualität mehr gibt. Ich relativiere meine Aussage etwas und beschränke mich hierbei auf Kameras ab ca. 150,- EUR. Dabei ist es ziemlich irrelevant, ob die Anzahl der Megapixel bei 15 Millionen oder 24 Millionen liegt.
Wie schaut es nun also mit älteren Modellen aus? Muss es immer das Neueste sein?
Die Technik entwickelt sich sehr rasant. Die Kameras, vor allem aber die enthaltenen Bildsensoren, werden von Jahr zu Jahr verbessert. Ein Ende des technologischen Fortschritts im Kamerabereich ist vorerst nicht in Sicht.
Macht es also Sinn, eine 2 Jahre alte Kamera zu kaufen? Diese werden häufig als „Auslaufmodell“ im Handel zu vergünstigten Konditionen angeboten. Oftmals kann man 50% und mehr sparen, wenn man nicht das Neueste Modell kauft.
Die aktuellen Kameras, und dazu möchte ich auch die Kameras zählen, die bereits 2 Jahre alt sind, sind technisch so ausgereift, dass die „neuen“ Funktionen, die eine nagelneue Kamera bietet, den Kunden im direkten Vergleich meist gar nicht auffallen. Oftmals haben neue Kameras nur einen größeren Vorteil: Das Rauschen des Bildsensors bei hohen ISO- Zahlen wurde verbessert.
Wir erinnern uns. Bei schlechten Lichtverhältnissen haben wir nur wenige Möglichkeiten, ein korrekt belichtetes Bild zu erhalten:
– Offene Blende (kleine Blendenzahl). Bei den meisten Objektiven ist jedoch die kleinste Blendenöffnung = f4. Viel Spielraum haben wir hier also nicht. Zumal auch offene Blende = mehr Unschärfe im Bild bedeutet.
– Belichtungszeit erhöhen. Wenn wir ein Stativ zum Fotografieren verwenden, können wir meist die Belichtungszeit beliebig lange ausdehnen. Sprich, viel Licht kommt auf den Bildsensor und wir erhalten, auch bei schlechten Lichtverhältnissen, genügend Helligkeit im Bild.
– ISO- Wert erhöhen. Die einfachste Methode um mehr Helligkeit in das Bild zu bekommen. Wir haben hierbei jedoch immer mit einem verstärkten Rauschen im Bild zu kämpfen, je höher der ISO- Wert wird. Und genau hier liegt meiner Meinung nach der größte Vorteil an dem neuesten Kameramodell. Die Sensoren werden stetig verbessert, mit dem Ziel, eben dieses Rauschen zu vermindern.
Wenn wir also wissen, dass wir einen hohen ISO- Wert kompensieren können, indem wir eine längere Belichtungszeit wählen, benötigen wir nicht unbedingt das allerbeste Rauschverhalten einer Kamera. Sicherlich gibt es Bedingungen, in denen wir kein Stativ oder keine längere Belichtungszeit nutzen können. Aber wenn wir ehrlich sind, wird dies in der Praxis eher seltener vorkommen.
Neue Kameras haben meist auch ein größeres Display, welches oft auch höher auflöst, als die Displays älterer Kameramodelle. Oftmals ist es dann sogar noch dreh- und schwenkbar.
Was bringt uns das beim fotografieren?
Toll ist diese Funktion, wenn wir oft Bilder aus unbequemen Perspektiven erstellen. Sei es über Kopf oder in Bodennähe. Hier ist ein klappbares Display von Vorteil. Aber auch hier die Frage: Wie oft nutzen wir dies in der Praxis? Auch bei den Displays geht der Fortschritt in die richtige Richtung. Flexible, gut auflösende Displays sind toll. Die Frage ist nur, sind sie den Aufpreis wert.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die neuesten, meist viel teureren Kameramodelle den hohen Aufpreis nur selten wert sind. Gerade bei so ausgereiften Produkten wie Digitalkameras. Meist ist der Produktzyklus bei Digicams recht kurz. Die Modelle werden in der Regel einmal im Jahr durch den Hersteller erneuert. Die Vorgängermodelle werden dann mit einem großen Preisnachlass an die Kunden weitergegeben.
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